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Thema Schöpfung

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Schöpfung: Ausflüge in staunenswerte Gebiete

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Was wissen wir Menschen schon von der Schöpfung ?  Auf diese doppeldeutige Frage gibt es eigentlich eine kurze Antwort: sehr viel  und sehr wenig. Wir sind heute durch die Naturwissenschaften bestens informiert über den Aufbau, die Zusammensetzung, den Anfang und die Zukunft unseres Universums. 

Was den Aufbau unseres Universums betrifft, so ist bekannt, dass unsere Sonne ein Stern unter vielen ist, unter etwa 100 Milliarden allein in der Milchstrasse. Viele dieser Sterne besitzen Planeten, über 200 sind schon entdeckt bei anderen Sternen. Aber ob einige davon Leben tragen, das wissen wir nicht.

Was die Zusammensetzung unseres Universums ausmacht, so ist bekannt, dass die gewöhnliche Materie aus Protonen und Neutronen, aus denen wir alle bestehen, nur etwa vier Prozent der Gesamtmasse ausmacht.

Was den Anfang des Universums anbelangt, so können wir aus der Bewegung  der scheinbar explosiven „Flucht“ der Galaxien erschliessen, dass der Weltraum sich ausdehnt, dass der Platz zwischen den Galaxien ständig wächst, so dass das Weltall sich verdünnt, dass es abkühlt. Wenn wir den Film sozusagen in Gedanken zurücklaufen lassen, kommen wir in einen Zustand, in dem wir das heute beobachtete Universum viel dichter, viel heisser, viel kleiner war.

Was die Zukunft anbelangt, wissen wir, dass der Weltraum sich heute beschleunigt ausdehnt, also immer schneller. Wissenschaftler behaupten, dass die Sonne in etwa sieben Milliarden Jahren erlischt.

 

Keine individualistische, fundamentalistische Sicht

Letztlich bleibt alles unerklärlich. Warum ist das, was ist, wie es ist? Und warum ist überhaupt etwas, und nicht vielmehr nichts? Die Erfolgsgeschichte der Wissenschaft besteht darin, dass sie bestimmte Fragen nicht stellt und deshalb im Bereich der Fragen, die sie stellt, Fortschritte macht. Aber sie kommt naturgemäss an Grenzen, und die Forscher merken das selbst. Der Fortschrittsglaube der modernen Kosmologie lässt uns heute genau wissen, was wir nicht wissen, und das sind 95%  des Gehalts unseres Universums.  Gott ist allerdings kein Lückenbüsser  für diese Erklärungslücken. Und sobald neue Erklärungen gefunden würden, würde Gott sozusagen hinausgeschoben, da solche moderne Kosmologie und Naturphilosophie Gott als Schöpfer, als Erhalter und als Mitgestalter der Welt nicht nötig hat. Allerdings folgt daraus nicht zwingend, dass Gott nicht existiert. Vielmehr müssten wir fragen: Was spricht dafür, dass Gott existiert?

Wenn Leute behaupten, die Wissenschaft sei der Grund, dass sie nicht an Gott glauben, legen sie keine nennenswerten wissenschaftliche Gründe vor, warum sie nicht an Gott glauben. Argumente für den Atheismus als Glaubenssystem sind in erster Linie nicht-wissenschaftlicher Art. Atheisten unterstellen Gottgläubigen, diese suchten einen „Gott der Lücken“ – jemanden, der als Platzhalter dient, bis die „Wissenschaft“ die wahre Antwort liefert. Es ist gerade andersrum: Wir glauben wegen der Beweise, wegen der Wissenschaft

(des Wissens), wegen der Dinge, die wir im Universum sehen. Bereits der heilige Augustinus hielt es im 4. Jahrhundert für angebracht, den Glauben soweit möglich, durch das Denken  zu vertiefen.

Aus diesem Grunde sieht die Kirche auch keine Schwierigkeit, den Glauben an den Schöpfer mit der Theorie der Evolution zu verkünden, unter einer Voraussetzung: dass die Grenzen einer wissenschaftlichen Theorie eingehalten werden. Wenn es um das Leben geht, müssen wir über den Tellerrand einer perspektivischen Sicht der Wirklichkeit hinaussehen. Wenn wir dies nicht tun, bleiben wir, wie nach Richard Dawkins in seinem Buch „Der Gotteswahn“ unter der chemischen Perspektive behaftet, dass der Mensch bekanntlich etwa 60 Cent wert ist, da er vor allem aus Wasser besteht. Die biologische Perspektive, die Dawkins für die einzig relevante Sichtweise hält, ist eine andere Perspektive, auf den Menschen. Doch das scheint Dawkins nicht zu verstehen. So sieht er die Welt genauso eindimensional wie Fundamentalisten. Wo es keine höhere Ebene mehr gibt als die blosse Dimension des Biologischen, dort wird auch nicht mehr nach dem Sinn und Unsinn des Lebens und des Todes gefragt.

Was der Glaube über die Schöpfung lehrt

Die klassische katholische Lehre im Katechismus der Katholischen Kirche (KKK) enthält über den Glauben an Gott den Schöpfer und die Schöpfung vier Grundelemente:

  1. Die Schöpfungslehre sagt, dass es einen absoluten Anfang gibt. „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ -, und dass dieser absolute Anfang die freie, souveräne Setzung des Seins aus dem Nichts ist. Christoph Kardinal Schönborn, Erzbischof von Wien und Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz, erklärt in seinem Buch “Ziel oder Zufall?” sehr anschaulich, was es heisst, dass Gott allein der Schöpfer ist: “Alles, was wir in der Welt beobachten, jedes Schaffen ist ein Bewegen und Verändern von schon Vorhandenem. Der Tischler macht aus Holz einen Tisch, er verändert das Holz, er gestaltet es. Er gibt ihm aus diesem Material  eine neue Gestalt. Die Hausfrau oder der Hausmann machen aus einem Haufen von noch undefinierbaren Zutaten ein wunderbares Essen, gestalten Vorgegebenes zu etwas Neuem. Aber damit entsteht nicht etwas absolut Neues, sondern es ist eine Gestaltung. Nicht anders ist es beim Künstler, beim Techniker, beim geistig Schaffenden. Auch meine besten Ideen sind keine absoluten Neuheiten. Sie setzen immer voraus, dass andere schon gedacht haben und dass ich vorher schon gedacht habe. Die Ideen kommen aus dem Austausch von Ideen, und wenn mir ein besonderes Licht aufgeht, dann ist es doch immer eine Gestaltung von Bestehendem. Der Schöpfungsakt Gottes geschieht ohne diese Bewegung. Gott schafft ‘aus dem Nichts!’ Das heisst nicht, dass das Nichts etwas ist, aus dem er etwas macht, sondern das heisst, Gottes Schöpfungsakt ist ein souveränes Setzen. Gott sprach und es war! Alles, was ist, ist von ihm ins Dasein gerufen. Das ist das Grossartige und Einzigartige am biblischen Schöpfungsglaubenn” (S. 47-48).
  2.  Zum christlichen Schöpfungsglauben gehört, dass die Geschöpfe sich unterscheiden. Es gibt eine Vielfalt in der Schöpfung. Der Kirchenlehrer Augustinus (+ 430) erklärt dass der Schöpfungsbericht kein naturwissenschaftlicher Text ist. Von daher dürfen wir das “Wie” der Naturwissenschaft überlassen. Auch wenn Glaube und Wissenschaft beide mit dem Leben zu tun haben, so muss man betonen, dass es verschiedene Zugänge zur Wirklichkeit gibt – philosophische, künstlerische, religiöse und naturwissenschaftliche. Einer ist nicht weniger wirklich als andere, es sind Zugänge zu der selben Wiklichkeit.
  3. Schöpfungsglaube ist nicht bloss Glaube an einen absoluten Anfang, sondern auch an die Erhaltung der Schöpfung, wie es im Hebräerbrief heisst: “Gott trägt das All durch sein mächtiges Wort” (1,3). Ohne Gott wäre die Schöpfung nicht. An Schöpfung als ein aktuelles, jetzt geschehenes Ereignis zu glauben,ist nicht nur sinnvoll, sondern auch die Voraussetzung dafür, dass Wissenschaft einen sinnvollen Grund hat. Wie bekommt man einen Zugang, dass Schöpfungsglaube etwas ganz aktuelles ist und bleibt? Der  Zugang ist mit dem Gebet verbunden. Man kann die Schöpfung als das sichtbare Sinnbild der göttlichen Schönheit betrachten: “Die Himmel rühmen die Herrlichkeit Gottes” (Ps 19,2). Oder man kann durch das Evangelium existentiell berührt sein:” Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen” (Mt6,28).
  4. Gott führt  seine Schöpfung zum Ziel. Im Kolosserbrief (1,16) heisst es: “Alles ist auf ihn  hin geschaffen.” Christus ist der  Zielpunkt der Schöpfung. In seiner ersten Enzyklika  “Redemptor hominis” vom 7. März 1979, die Papst Johannes Paul II. mit dem Blick auf die Inkarnation beginnt, schreibt er: “ Der Erlöser der Menschen, Jesus Christus, ist die Mitte des Kosmos und der Geschichte”. Gott, Welt und Mensch – alles erscheint durch das Geheimnis des Gott- Menschen Jesus Christus in einem neuen Licht. Die Schöpfung steht nicht still. Sie bewegt sich unter Stöhnen und Seufzen auf Christus als ihre Erfüllung  und ihr Ziel zu: “Auch die Schöpfung soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes” (Röm 8,21). Die christliche Sicht trennt die Hoffnung nicht vom Leid, sondern sieht Kosmos und Kreuz zusammen. Das Kreuz ist demnach, wie sich schön in der Karfreitagsliturgie zeigt, der Baum des Lebens, sdas Holz, an dem das Leben den Tod, die Liebe das Böse besiegt hat.

Die Schöpfung ist nicht einem blinden Schicksal überlassen. Von daher sind die drei Fragen, die jeder Mensch sich früher oder später stellt, von grosser Bedeutung: Woher kommen wir?  Wohin gehen wir? Was ist der Sinn des Lebens? Wenn wir das Leben bloss auf eine fundamentalistische Sicht nach Richard Dawkins reduzieren, liegt es auf der Hand, dass für viele das Leben sinnlos und absurd ist. Der katholische Glaube  hält mit der Bibel des Alten und Neuen Bundes, daran fest, dass die Vernunft  die Existenz des Schöpfers aus seinen Spuren in der Schöpfung mit Gewissheit, wenn auch nicht ohne Mühe erkennen kann. Papst Benedikt spricht vom “intelligenten Plan des Kosmos, der ein Plan der Liebe ist”. Dies ist der Glaube, dass das ewige Wort, die Vernunft am Anfang steht, und nicht die Unvernunft.

Pater Théo Klein SCJ

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